
Lill Tschudi - Die Faszination des modernen Linolschnitts
Graphische Sammlung ETH Zürich
1. - 23. Dezember 2021 und 3. Januar - 13. März 2022
Es freut uns ausserordentlich, dass diese von uns hochgeschätzte Künstlerin, endlich nicht nur im
angelsächsischen Raum oder in ihrem Heimatkanton Glarus gewürdigt wird.
Ein grosses Dankeschön an das Kuratorenteam, Frau Alexandra Barcal, Graphische Sammlung ETH Zürich, und Herrn Marcel Just, Gastkurator, sowie an die Nachlassverwaltung.
Technik, Tempo und Telefon – das war die moderne Welt, wie sie
Lill Tschud
i (1911–2004) in den grossen europäischen Metropolen erlebt hatte. 1929 ging die Glarner Kaufmannstochter nach London, um an der Grosvenor School of Modern Art eine künstlerische Ausbildung zu geniessen. Bald machte sich die talentierte Künstlerin mit ihren Farblinolschnitten einen Namen. In den 1930er- und 1940er-Jahren erlangte sie innerhalb der Modernist British Printmaking-Bewegung grosse Bekanntheit im angelsächsischen Raum, die bis heute anhält.
Das Metropolitan Museum in New York besitzt ein stattliches Konvolut von 118 Blättern, ihre Werke werden an Auktionen in England und Australien nach wie vor erfolgreich angeboten und verkauft. In ihrer Schweizer Heimat jedoch ist sie weitgehend in Vergessenheit geraten. Die Ausstellung in der Graphischen Sammlung und der begleitende Katalog präsentieren Tschudis ikonische Werke aus dem eigenen Bestand zusammen mit Leihgaben aus dem In- und Ausland. Die Auswahl wirft neues Licht auf die grosse Meisterin des Linolschnitts.
Sport und Jazz, pulsierendes Grossstadtleben neben beschaulichen Szenen aus der ländlich geprägten Schweiz, aber auch Eindrücke aus dem Frauenhilfsdienst während des Zweiten Weltkrieges – das thematische Spektrum ist bei Lill Tschudi eindrücklich, die technische Brillanz sucht ihresgleichen. Im Zuge der umfassenden Recherchen zu ihrem Werk wurden erstaunliche Funde gemacht. Einblicke in private Sammlungen und in den Nachlass der Künstlerin erlauben es, das Spektrum der bekannten Linoldrucke um bislang unbekanntes Material wie Vorzeichnungen, Ölbilder, Skizzenbücher sowie Druckplatten aufzuspannen. Dazu sind auch Beispiele von angewandter Graphik, z.B. Entwürfe für Plakate oder Stoffmuster zu zählen. Tschudi hat in Paris bei Fernand Léger (1881–1955) «publicité» studiert und sich eine Zeit lang intensiv mit Werbung beschäftigt. Besonders hervorzuheben ist ausserdem ein neu entdecktes Album: in Form eines Leporellos hat hier die Künstlerin Motive aus der damals schillernden Welt der Illustrierten gesammelt, eingeklebt und damit einen eigentlichen Bildfundus angelegt. Diese Trouvaille kann als Schlüssel zum bewegten Leben und Schaffen dieser aussergewöhnlichen Frau bezeichnet werden. Auch wenn ihre Biographie in der damaligen Zeit eine Ausnahmeerscheinung war, so wird dennoch klar, dass es in der Schweiz damals begabte Künstlerinnen gab, die mit ihrem unbeugsamen Willen unbeirrt ihren schöpferischen Weg verfolgten.
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